12. Deutscher Geologentag fordert mehr Bergbau in Deutschland

Auf dem 12. Deutschen Geologentag im Museum für Naturkunde in Berlin diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zum Thema „Die Rohstoffversorgung Deutschlands – ein vergessenes Problem?“.

Veranstaltet wurde der Geologentag vom Verein RohstoffWissen! e. V., dem BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e. V., der Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologie e. V. sowie dem Verband Bergbau Geologie und Umwelt e. V.

Unter Federführung von RohstoffWissen! widmete sich der Geologentag im Wesentlichen der Versorgung mit mineralischen und metallischen Rohstoffen und konnte dabei auch die Auswirkungen des Angriffskrieges gegen die Ukraine aufgreifen.

„Die Diskussion hat uns gezeigt, dass die Regierungsfraktionen in Rohstofffragen eher auf einer Linie sind. Allerdings hat sie ebenso deutlich gezeigt, dass der Informationsbedarf angesichts des komplexen Themas einer sicheren Rohstoffversorgung für Deutschland doch sehr groß ist“, so Andreas Hagedorn, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler. „Insbesondere durch die aktuelle weltpolitische Lage hat das Thema noch an Brisanz gewonnen und bedarf entsprechender Beachtung auf der politischen Agenda.“

„Nicht erst die Folgen des Angriffskrieges gegen die Ukraine haben gezeigt, wie wichtig es ist, sich bei der Deckung des Rohstoffbedarfs nicht von einem Land abhängig zu machen“, so Dr. Hans-Jürgen Weyer, Vorsitzender des Vereins RohstoffWissen!, der sich für ein Rohstoffbewusstsein in der Bevölkerung einsetzt. „Das Potential an heimischen Rohstoffen ist keineswegs ausgeschöpft; die heimische Rohstoffgewinnung könnte einen größeren Beitrag zur Rohstoffsicherung Deutschlands leisten als derzeit.“

Folgende Vorträge standen auf dem Programm:

  • Prof. Dr. Christoph Hilgers, KIT, Univ. Karlsruhe: Rohstoffe für Deutschland - welche werden gebraucht und woher kommen sie?
  • EurGeol. Christian Masurenko, Fachgruppe Rohstoffe der Scientists for Future, ECTerra PTY LTD: Das Lieferkettengesetz im Kontext der strategischen Rohstoffversorgung Deutschlands – das Beispiel Tantal
  • Dr. Bodo-Carlo Ehling, Leiter des Geologischen Dienstes Sachsen-Anhalt; Halle / S.: Ressourcen und Perspektiven der heimischen Rohstoffgewinnung
  • Prof. Dr. Jens Gutzmer, Helmholtz-Institut für Ressourcentechnologie Freiberg: Energiewende, e-Mobilität, Digitalisierung – Ansprüche an die weltweite Gewinnung von Rohstoffen für die Zukunft

Unter der Moderation des ehemaligen Präsidenten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover), Prof. Dr. Hans-Joachim Kümpel, diskutierten auf dem Podium:

  • Dr. Sandra Detzer, MdB, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags
  • Anne Lauenroth, Senior Manager Internationale Zusammenarbeit, Sicherheit, Rohstoffe und Raumfahrt des BDI - Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
  • Sebastian Roloff, MdB, Sprecher der Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags
  • Sandra Weeser, MdB, FDP Freie Demokraten, Vorsitzende des Ausschusses Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung des Deutschen Bundestags

Dr. Sandra Detzer bezeichnete die aktuelle Situation als „das Ende der Naivität, dass wir uns blind auf eine sichere Rohstoffversorgung verlassen können.“ Auch Sandra Weeser, wies auf die Notwendigkeit einer sicheren Rohstoffversorgung hin und betonte den enormen Bedarf an metallischen Rohstoffen für die Energiewende: „Ich weiß, dass fünf Tonnen Kupfer in einer Windenergieanlage stecken. Lieber wird zum Beispiel Kupfer unter hohen Umweltstandards in Deutschland abgebaut als unter widrigsten Bedingungen woanders.“

Die relevantesten Kernaussagen aus der Diskussion mit den Experten, Politikern und Publikum sind im Folgenden aufgeführt:

  • Die Versorgung mit metallischen und mineralischen Rohstoffe ist für die deutsche Industrie genauso wichtig wie die mit Energierohstoffen.
  • Der Rohstoffbedarf wird weltweit weiter steigen (wachsende Weltbevölkerung, zunehmender Wohlstand, rohstoffintensive Industrien einschl. Energiewende und Digitalisierung).
  • Ohne die ausreichende Versorgung mit bestimmten Rohstoffen (Lithium, Kupfer, Seltene Erden, weitere Spezialmetalle) gibt es keine Energiewende.
  • Modellrechnungen zeigen ganz klar, dass wir in wenigen Jahren deutlich mehr als die momentane Jahresproduktion (!) an bestimmten Elementen brauchen, um die Ziele der Energiewende zu erreichen (u. a. Li, Cu, SEE).
  • Das Potential an heimischen Rohstoffen ist keineswegs ausgeschöpft. Die heimische Rohstoffgewinnung könnte einen größeren Beitrag zur Rohstoffsicherung Deutschlands leisten, als es momentan der Fall ist. Hierzu müssten unberechtigte Bedenken in der Bevölkerung ausgeräumt und von Konsens getragene Entscheidungen herbeigeführt werden. Ein Explorations- und ein Tiefbohrprogramm wären sehr zu wünschen.
  • Die Geowissenschaften und die geowissenschaftlichen Berufe sind die Schlüsseldisziplin (weltweit), um die Rohstoffversorgung sicherzustellen. Rein aus geologischer Sicht gibt es genügend Vorräte auch an kritischen Elementen.
  • Recycling ist wichtig und muss weiter ausgebaut werden. Es bedarf noch vieler Innovationen (Chance für den Forschungsstandort Deutschland), um die Recyclingquote zu steigern und Metalle und deren Legierungen überhaupt recycelfähig zu machen. Recycling wird mittel- und langfristig stark an Bedeutung gewinnen, kann aber den Rohstoffbedarf absehbar nicht zu 100% stillen.
  • Neue gesetzliche Regelungen und deren Kontrolle sind notwendig, um weltweit verantwortungsvollen Bergbau herbeizuführen (z. B. das Lieferkettengesetz).
  • Nicht erst die Folgen des Angriffskrieges gegen die Ukraine haben gezeigt, wie wichtig es ist, sich bei der Deckung des Rohstoffbedarfs nicht von einem Land abhängig zu machen. Hier liegt die große Herausforderung in der auf viele Metalle zutreffenden Monopolstellung Chinas.
  • Es ist wichtig, dass diese komplexen Rohstoff-Zusammenhänge klar dargestellt und wiederholt vorgetragen werden

Der 12. Deutsche Geologentag fand am 9. Mai 2022 mit mehr als 100 Teilnehmenden statt. Zu Beginn erhielt die ZDF-Dokumentationsreihe Terra X den BDG-Preis "Stein im Brett", den die Programmdirektorin Friederike Haedecke, Mainz, und Prof. Dr. Colin Devey, Bremen, entgegennahmen.

Der Verein RohstoffWissen! hat sich zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit über die Zusammenhänge von Rohstoffgewinnung, -transport und -gebrauch neutral und wissenschaftsbasiert zu informieren, aber auch der Politik die Problematiken nahezubringen. Dies ist nach langer coronabedingter Unterbrechung mit der in Präsenz durchgeführten Veranstaltung in Berlin nach Ansicht aller Teilnehmer bestens gelungen.